An die Mitglieder des Nationalrates

Bern, 01.03.2022

Kurzstellungnahme zum Geschäft 21.049: Gentechnikgesetz. Änderung

Sehr geehrte Damen und Herren Nationalräte

Für die kommende Diskussion im Nationalrat darüber, ob mit Genom-Editierung erzeugte Organismen, denen kein transgenes Erbmaterial eingefügt wurde, vom Gentech-Moratorium auszunehmen sind, bitten wir Sie als Verein von unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Schweiz folgendes zu bedenken:

  1. Es gibt KEINEN wissenschaftlichen Konsens über die Risiken und Folgen dieser neuen Formen der Gentechnik, obwohl die Industrie und industrienahe Forschung im In- und Ausland diesen Eindruck erwecken möchte und dabei in einigen Kreisen erfolgreich ist. Hingegen gibt es kaum unabhängige Risikoforschung zu diesen neuen Technologien. Hier und hier finden Sie die Belege dafür.
  2. Es gibt KEINEN nachweislichen Nutzen der neuen Genom-Editierungs-Verfahren gegenüber klassischer Züchtungsmethoden: selbst nach 10 Jahren CRISPR-Cas gibt es keine Produkte, die auf dieser Technik basieren. Allen grossen Versprechen der Industrie zum Trotz hat die Genom Editierung keine Pflanzen mit relevanten neuen Eigenschaften wie beispielsweise Trockenheits- oder Schädlingstoleranz, sondern eine weitere herbizidtolerante Sorte hervorgebracht. Die meisten versprochenen Produkte sind wieder aus der der Pipeline verschwunden oder auf dem Feld gefloppt. Hier wird das weiter ausgeführt und belegt.
  3. Die vorgesehene Ausnahme von genom-editierten Organismen aus dem Moratorium betrifft auch nicht-pflanzliche Organismen (Tiere, Bakterien, Viren) und Gene Drives. Eine unkontrollierte Ausbreitung von Gene Drives, welche die Veränderung oder Ausrottung einer Zielart vorsehen, hat potenziell drastische Folgen für die Artenvielfalt und die Ökosysteme. Belege dafür finden Sie hier.
  4. Genom-Editierung führt zu einem exponentiellen Anstieg der Zahl der Patente auf Pflanzen mit negativen Effekten für KMUs, Bauern und Bäuerinnen und Innovation. Davor warnt auch die Europäische Kommission in ihrer Studie von 2021.
  5. Genom-Editierung ist nicht einfach eine schnellere und präzisere Variante der traditionellen Zucht, sie ist fundamental anders. Sie bringt nachweislich auch ungewollte Veränderungen im Erbgut mit sich – mit unabsehbaren Folgen. Z.B. wollten Forschende mittels Genom-Editierung (TALEN) schneller leistungsstarke hornlose Milchkühen generieren. Per Zufall wurde 2019 entdeckt, dass sich bakterielle DNA in die Zielregion dieser hornlosen Rinder eingeschleust hatte, die Antibiotikaresistenz-Gene enthielt (Studie). Ohne entsprechende Regulierung können solche gravierenden Fehler von Genom-Editierung unbemerkt bleiben. Entsprechende Publikationen können hier gefunden werden.
  6. Vor diesem Hintergrund verstösst eine Aufweichung des Gentech-Moratoriums betreffend der neuen Genom-Editierung-Verfahren zum aktuellen Zeitpunkt gegen das Vorsorge-Prinzip, dem sich die Schweiz als Unterzeichnerin der Biodiversitätskonvention verpflichtet hat.

Unsere vorgängigen, ausführlicheren Stellungnahmen zum Thema finden Sie hier und hier.